Vertrieb im Spannungsfeld steigender Kosten, Preise und Konditionen

von Thomas Pielenhofer · erschienen am 21. August 2023 in SG Sweets Global Network

Ergebnisse einer Expertenbefragung von Bavaria Consulting

Die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens mit Lebensmitteln haben sich im Jahr 2022 fundamental geändert. Die Food-Branche stand und steht vor einer noch nie dagewesenen Kostensteigerung, die sich zu einer Preisspirale entwickelte mit Verbraucherpreisindizes von > 120 im Dezember 2022 vs. Vorjahr. Makro- und mikroökonomische Hiobsbotschaften konfrontieren Lieferanten und Handel mit Krisen-Schlagworten wie Covid, Ukraine, Sanktionen, Energiekrise, negative Konjunkturprognosen, Lieferengpässe, mangelnde Warenverfügbarkeit durch Materialmangel und restriktive Transportlogistik, Inflation, Veränderung im Einkaufsverhalten bei Marken/Handelsmarken und Kanälen sowie ein verstärkter Verteilungskampf zwischen Handel und Industrie.

In Kooperation mit der DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach) führte Bavaria Consulting im Januar und Februar 2023 eine Expertenbefragung durch, um die Auswirkungen der disruptiven Entwicklungen für die Zusammenarbeit zwischen Handel und Industrie auf das laufende Jahr 2023 zu beleuchten. Die Onlinebefragung richtete sich an Topentscheider des Vertriebs mit Schwerpunkt FMCG. Die Fragen berührten die Vertriebsorganisationen im Feld, KAM und Innendienst, deren Effizienz durch optimierte Vertriebssteuerung, Budgets, Konditionen, Preiserhöhungen und Prognosen zur Ergebnisentwicklung sowie zur Veränderung der Zusammenarbeit zwischen Handel und Industrie.

Änderungen in den Vertriebsorganisationen der Industrie

Die drastischen Kostensteigerungen für Rohstoffe, Energie, Logistik und Personal im Jahr 2022 hatten bisher kaum Einfluss auf die Anzahl der Mitarbeiter der Feldmannschaften, der KAMs und der Vertriebsinnendienste. Die Größe der Vertriebsbereiche blieb im Wesentlichen unverändert. Aber für das laufende Jahr 2023 sind vermehrt Anpassungen der Zahl der Stellen geplant. 13 Prozent der Befragten planen immerhin eine Vergrößerung des Außendiensts, 17 Prozent eine Verstärkung der Zahl der KAMs und 7 Prozent eine Vergrößerung des Vertriebs-Innendiensts. Verkleinerungen planen 24 Prozent der Befragten im Außendienst, 4 Prozent bei KAMs und 3 Prozent im Innendienst.

Während sich für die einzelnen Vertriebsorganisationen kaum etwas verändert, war das KAM aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen teilweise gezwungen, seine Zusammenarbeit insbesondere in Bezug auf Preis- und Konditionenverhandlungen mit dem Handel anzupassen. Die Zusammenarbeit des Außendiensts mit dem Handel hat sich für 68 Prozent der Befragten nur unwesentlich verändert.

Die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2022 – mit besonderen Herausforderungen auch für den Handel – konfrontierte die meisten Industrieunternehmen mit zusätzlichen Konditionenforderungen des Handels. Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung hatte auch einen Einfluss auf die bisherige Form der Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel. 80 Prozent der Unternehmen gehen demzufolge davon aus, dass die Krise 2022 zu einer dauerhaften Veränderung der Zusammenarbeit mit dem Handel geführt hat. Die Kostenentwicklung hat dazu geführt, dass viele Unternehmen ihre Budgetplanungen für 2023 angepasst haben. Viele Industrieunternehmen haben 2022 bereits unterjährig die Preise erhöht. Aufgrund stark gestiegener Kosten und weiter steigender Kosten im Jahr 2023 – insbesondere auch Personalkosten – planen alle Unternehmen Preissteigerungen, aber in unterschiedlichen Bandbreiten.

Bessere Prognosen der Ergebnisentwicklung für 2023

Die Kostenentwicklung im Jahr 2022 belastete die wirtschaftlichen Ergebnisse der Industrie erheblich. 65 Prozent der befragten Unternehmen prognostizieren für 2023 eine bessere oder sogar deutlich bessere Ergebnisentwicklung als im Vorjahr, 25 Prozent eine schlechtere oder deutlich schlechtere Entwicklung. Der Vertrieb steht seit Jahren besonders im Fokus des Kosten-Controllings. Für 2023 sind unterschiedliche Maßnahmen zur Steigerung der Vertriebsproduktivität geplant. Das Krisenjahr 2022 hat zu einer Disruption in der Beziehung zwischen Industrie und Handel geführt. Der politische Begriff der Zeitenwende färbte auch auf den Verteilungskampf zwischen Industrie und Handel ab. Während in der Pandemie-Phase Vollsortimenter und Marken boomten, holen Discounter und Handelsmarken inzwischen wieder auf. Bedeutende Fragen wie beispielsweise die Entwicklung der Preiselastizität der Nachfrage bei preiserhöhten Marken oder die angemessenen Promotion-Anteile sind dabei noch nicht final beantwortet.

Thomas Pielenhofer

Head of Sales Experte Trade Terms / Folding
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