Kosten runter und Preise rauf
von Thomas Pielenhofer · veröffentlicht am 24. März 2023
Vertriebsentscheider der FMCG-Branche reagieren auf die wirtschaftliche Entwicklung – Beziehung zum Handel belastet
Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie haben im laufenden Jahr großteils ihre Marketingbudgets gesenkt und wollen gleichzeitig die Preise für ihre Produkte erhöhen. 65 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage gehen von einer Verbesserung der Ergebnissituation aus.
Praktisch die Hälfte (49 Prozent) der Unternehmen hat ihr Marketingbudget für 2023 im Vergleich zum Vorjahr stark oder sogar sehr stark reduziert. Nur 17 Prozent planen mit höheren Marketingausgaben. Das geht aus der aktuellen Studie „Vertrieb 2023 im Spannungsfeld von steigenden Kosten, Preisen und Konditionen“ des Münchner Beratungsunternehmens Bavaria Consulting in Kooperation mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Lörrach hervor. Dabei haben die Studienmacher Thomas Pielenhofer, Michael Müller (jeweils Bavaria-Partner) und Christian Gruninger-Hermann (DHBW-Studiengangsleiter BWL-Handel) im Januar und Februar 41 Entscheider aus dem Vertrieb der FMCG-Branche online befragt.
Der anhaltende Krisenmodus führte bereits im vergangenen Jahr bei 29 Prozent der Unternehmen zu Anpassungen in der Struktur und Größe der Außendienstorganisation, bei 23 Prozent im Key-Account-Bereich. Diese Entwicklung setze sich 2023 mit 37 Prozent der Nennungen von Anpassungen im Außendienst und 21 Prozent im Key-Account-Management (KAM) fort. „Die Wirtschaftskrise beschleunigt die Strukturveränderungen im Vertrieb 2023 der Food-Industrie. Im Außendienst sowie Key-Account-Management besteht weiterer Handlungsbedarf“, sind sich die Autoren sicher. Der Vertriebsinnendienst sei von strukturellen Änderungen dagegen kaum betroffen.
Während die Kosten gesenkt würden, planten alle Industrieunternehmen im Jahresverlauf (gegebenenfalls weitere) Preiserhöhungen, davon 26 Prozent Preisanhebungen über 7 Prozent und weitere 30 Prozent sogar über 10 Prozent. „Dies treibt weiter die Inflation und die Verbraucher vermehrt zu den Discountern sowie zu den Eigenmarken des Handels“, so die
Hypothese von Bavaria-Consulting-Manager Thomas Pielenhofer. 25 Prozent der befragten Entscheider rechneten im Vergleich zu 2022 mit schlechteren oder gar deutlich schlechteren Ergebnissen, aber 65 Prozent gehen von einer Verbesserung der Ergebnissituation aus.
Erwartungsgemäß führte die wirtschaftliche Entwicklung im vergangenen Jahr insbesondere im Key-Account-Management bei 86 Prozent der befragten Unternehmen zu starken beziehungsweise sehr starken Veränderungen in der Zusammenarbeit mit dem Handel. Auch im Vertriebsinnendienst war dies bei jedem fünften Hersteller der Fall. Weitgehend unverändert hingegen agiert der Außendienst. Zwei von drei Lieferanten wurden dabei vom Handel mit zusätzlichen Konditionsforderungen konfrontiert und der Handel setze die Industrie konditionell weiter unter Druck, ist Studien-Coautor Thomas Pielenhofer überzeugt.
Während jedes fünfte Unternehmen erwartet, dass sich die Form der Zusammenarbeit mit dem Handel wieder in den „Vorkrisenmodus“ einpendelt, gehen 80 Prozent davon aus, dass dies nur noch teilweise oder gar nicht mehr der Fall sein wird.
„Die traditionelle Form der jährlichen Verhandlungsführung ist Geschichte“, schließt Pielenhofer aus den Statements der Vertriebsverantwortlichen. Nach Auffassung des Beraters schreite die Disruption im Verteilungskampf zwischen Industrie und Handel weiter voran. Kosten- und Ergebnisdruck auf beiden Seiten veränderten die Zusammenarbeit, insbesondere bei der Preis- und Konditionenpolitik. Das Kräftemessen zwischen Industrie und Handel bleibe „ein Dauerbrenner“ und die Preis-Argumentation werde zunehmend „zum Reizthema“.
Bei den geplanten oder bereits in Umsetzung befindlichen Maßnahmen zur Steigerung von Effizienz und Effektivität der Vertriebsproduktivität stehen die Optimierung der Vertriebsplanung, -steuerung und -kontrolle mit entsprechendem technischem Support im Vordergrund. Weiterhin seien Schulungen und Führungskräfteentwicklungen geplant oder bereits in Umsetzung. „Die fortschreitende Digitalisierung im Vertrieb erfordert entsprechende Kompetenzen der Mitarbeiter im Umgang mit Systemen und Kennzahlen“, erklärt Pielenhofer den erhöhten Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen sowie zur Führungskräfteentwicklung. Auch Vertriebskooperationen und das Outsourcing von Vertriebsleistungen spielten eine zunehmende Rolle.
Die Studie
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„Vertrieb 2023 im Spannungsfeld von steigenden Kosten, Preisen und Konditionen“ entstand in Kooperation der Bavaria Consulting (München) mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach (DHBW), Studiengang BWL-Handel, Prof. Christian Gruninger-Hermann. Im Zeitraum 18. Januar bis 18. Februar 2023 wurden 41 Entscheider aus dem Vertrieb von mittelständischen Konsumgüterherstellern, darunter Vorstände, Geschäftsführer, Bereichsleiter und Key-Account-Manager, zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und ihren geplanten Maßnahmen online befragt.
Thomas Pielenhofer
Head of Sales
Experte Trade Terms / Folding